Der beste Sonnenschutz für Kinder und andere Fragen zu Ferien mit Kindern an die Kinderärztin

Frau Sara Straub ist erfahrene Kinderärztin und führt als Standortleiterin das Kinderarzthaus in Zürich Stadelhofen.

Sie verbringt ihre Ferien selbst gern in der Sonne und am Wasser und daher ist ihr der richtige Sonnenschutz für Kinder ein wichtiges Anliegen. Im Interview beantwortet sie diese und andere Fragen zu Ferien mit Kindern.


 

Frau Straub, was empfehlen Sie Eltern, für die Ferien in der Sonne in den Koffer zu packen?

Ich finde es besonders wichtig, dass Kinder vor schädlichen Sonneneinflüssen geschützt werden. In den Koffer gehören so vor allem eine sehr gute, dem Alter angepasste Sonnencreme, ein Sonnenhut mit Nackenschutz, leichte, aber langärmlige Kleidung, am besten mit integriertem UV-Schutz.

Aber auch eine Sonnenbrille für Kinder, Wechsel-Badekleidung zum Vermeiden von Erkältungen, Schwimmhilfen wie Schwimmflügel und Schwimmwesten sollten nicht fehlen. Als weiterer Sonnenschutz für den Strand eignen sich auch sogenannte Strandmuscheln oder noch besser Sonnensegel (weniger Hitzestau) mit geprüftem UV-Schutz. Für das Baden an Stränden mit Steinen oder scharfen Kanten im Wasser helfen Aquaschuhe, um die zarten Füsse vor Verletzungen und Schnitten zu schützen.

Das ist ja schon eine umfangreiche Liste. Sie reden von Sonnenschutz. Dürfen Babys denn überhaupt schon in die Sonne?

Generell empfehle ich, Babys bis zum vollendeten ersten Lebensjahr gar nicht der direkten Sonne auszusetzen. Aber Vorsicht: auch im Schatten kann es rasch zu Sonnenbrand und bei starker Hitze zu einem Sonnenstich kommen.

Welchen Sonnenschutz empfehlen Sie für Babys in den verschiedenen Altersgruppen?

Babys bis zum 6. Lebensmonat, die im Kinderwagen noch zufrieden sind, kann man gut mit luftiger UV-Kleidung und einem UV-Sonnenschirm oder -Sonnensegel über dem Kinderwagen schützen. Der Kinderwagen sollte dennoch im Schatten stehen, denn in der prallen Sonne ist es viel zu heiss. Da die Sonne wandert, muss das Sonnensegel angepasst werden.

Babys im Krabbelalter tragen passende, leichte, lange UV-Licht geschützte Kleidung und einen Sonnenhut – am besten mit Schutz für den Nacken. Die ungeschützten Stellen – also vor allem Händchen, Füsschen und Gesicht müssen auch im Schatten mit Sonnencreme geschützt werden.

Sonnencreme und Sand - das ist ja eine schwierige Mischung.
Haben Sie als Kinderärztin einen Tipp, wie man bei Krabbelkindern beim Auftragen von Sonnencreme das typische «panierte» Kind mit einer Sand-Sonnencreme-Mischung auf der Haut vermeiden kann?

Ich empfehle, Sonnencreme frühzeitig aufzutragen, damit diese vor dem Aufenthalt im Sand vollständig eingezogen ist. Beim erneuten Eincremen sind Krabbelkinder bis zum Einziehen der Creme z.B. in einem kleinen aufblasbaren Pool ohne Wasser mit einigen Lieblingsspielzeugen und unter einem Sonnensegel sehr gut aufgehoben. Später kann der dann auch noch mit sehr wenig Meerwasser zum ungefährlichen Planschen benutzt werden.

Frau Straub: Haben Sie auch Tipps für den Sonnenschutz bei älteren Kindern?

Auch nach dem 1. Lebensjahr ist Son­nen­schutz be­son­ders wich­tig: Son­nen­dich­te, luf­ti­ge Klei­dung (3-H-Re­gel: Hemd, Hose, Hut) und Son­nen­creme an un­ge­schütz­ten Stel­len sind un­be­dingt zu emp­feh­len. Hier ist auch ein Schutz der Augen mit einer Sonnenbrille mit gutem UV-Schutz (mit Gütesiegel) wichtig. Auch Schuhe nicht vergessen – der Boden und Sand wird in der Sonne oft sehr heiss und führt zu Verbrennungsgefahr von zarten Kinderfüssen. Kinder merken das im Gegensatz zu Erwachsenen oft nicht sofort.
Übrigens: Auch die Eltern sollten mit gutem Beispiel vorangehen und sich durch Sonnencreme, Sonnenhut und Sonnenbrille vor zu viel Sonne schützen.

Welche Tageszeit empfehlen Sie Eltern für das Sonnenbad mit Kindern?

Ich rate den Eltern mit Kindern jeden Alters, vorzugsweise in den frühen Morgen- oder aber in den späten Abendstunden an den Strand oder an den Pool zu gehen. Vor allem der Aufenthalt in der starken Mittagsonne und Hitze zwi­schen 11 un­d 15 Uhr sollte vermieden werden.

Warum ist der Sonnenschutz bei Kindern denn überhaupt so wichtig?

Kinderhaut ist im Gegensatz zu Erwachsenenhaut noch nicht gänzlich ausgereift und die schützende Oberhautschicht deutlich dünner. Auch die Reparaturmechanismen sind noch nicht vollständig ausgebildet. Kinder- und vor allem Babyhaut verbrennt also deutlich schneller und kann schlimmstenfalls zu langfristigen Schäden führen. Auch der kleinste Sonnenbrand kann bereits zu Verbrennungen und später zu Hautkrebs führen.

Kin­der­haut ist ausserdem sehr emp­find­lich ge­gen­über che­mi­schen und phy­si­ka­li­schen Schad­stof­fen, weshalb auch die Wahl der richtigen Sonnencreme von grosser Bedeutung ist.

Und welche Sonnencreme empfehlen Sie als Kinderärztin?

Das kommt auf das Alter der Kinder an. Ich empfehle, für Kinder bis zum 4. Lebensjahr einen Sonnenschutz mit physikalischem UV - Filter (sogenannte mineralische Sonnencremes) zu verwenden. Diese Produkte sorgen mit Mikropigmenten für einen sofortigen Schutz direkt nach dem Auftragen.
Das Auftragen ist etwas schwieriger, da die Cremes dickflüssiger und zäher sind. Zusätzlich haben diese Cremes einen Weiss-Effekt.

Das muss jedoch nichts Schlechtes sein – im Gegenteil: so kann man sehr gut sehen, welche Stelle noch nicht eingecremt ist. Bei grösseren Kindern kann man auch Sonnencreme mit chemischem Filter verwenden. Ein hoher Lichtschutzfaktor 50+ ist auch hier ein Muss.

Können Sie Eltern raten, welche Inhaltsstoffe bei Sonnencreme sie kennen und meiden sollten?

Ich finde, dass Farb- und Duftstoffe, Parabene und Alkohol nicht in Sonnencremes für Kinder gehören. Auch Stoffe wie z.B. Benzophenone, Octocrylen, Octyl Methoxycinnamat, PEG / PEG-Derivate und möglichst auch Nanopartikel empfehle ich zu meiden. Diese Stoffe sind zum Teil als potentiell krebserregend oder hormonwirksam eingestuft oder machen die Haut durchlässiger für körperfremde Stoffe oder deren Aufnahme über die Haut ist noch nicht vollständig untersucht.

Und wann und wie oft sollten Eltern ihre Kinder mit Sonnencreme eincremen?

Ich empfehle, die Sonnencreme bereits vor dem Weg zum Strand oder Pool aufzutragen. Auch sollte Sonnencreme nicht zu sparsam verwendet werden. Als gute Menge gelten 3 bis 5 Teelöffel Sonnencreme für ein Kind. Und: auch bei wasserfester Sonnencreme gilt – nach dem Abtrocknen unbedingt wieder nachcremen.

Und wenn es nun doch dazu kommt: Frau Straub, was empfehlen Sie bei Kindern mit Sonnenbrand?

Ich empfehle den Eltern, die Stellen mit Wasser oder kühlen Wickeln zu kühlen. Das wirkt schmerzlindernd. Eine Feuchtigkeitspflege mit Panthenol oder Aloe Vera beruhigt die Haut zusätzlich.

Auch weise ich die Eltern darauf hin, dass eine erneute Sonnenexposition bis zum vollständigen Abklingen der Rötung auf der Haut unbedingt vermieden werden muss.

Bilden sich Blasen auf der Haut oder sind grosse Areale der Haut betroffen oder ist das Kind noch sehr klein, gehört das Kind umgehend zum Kinderarzt.

Sehen Sie in der Praxis auch Kinder mit Sonnenstich oder Hitzschlag? Welche Symptome treten dabei auf und was kann man tun?

Ich sehe nach heissen Tagen immer wieder Kinder mit auffälligen Symptomen. Kinder mit einem Sonnenstich sind abgeschlagen, müde, weinen viel, haben zum Teil Fieber, klagen über Kopfschmerzen und müssen oft sogar erbrechen.
Wichtig ist dann ein Aufenthalt in einem kühlen, abgedunkelten Raum. Ein Schmerzmedikament wie z.B. Algifor (Ibuprofen) senkt Fieber und lindert Schmerzen. Das Kind sollte unbedingt ausreichend trinken – zur Not löffelweise. Bei anhaltenden Beschwerden und bei einem schlechten Allgemeinzustand des Kindes (sehr schlapp, anders als sonst) gehört das Kind zum Kinderarzt.

Das klingt nicht ganz ungefährlich. Gibt es noch andere Dinge, die Sie Eltern für den Aufenthalt an Strand oder Pool raten?

Zu meinen Aufgaben als Kinderärztin gehört auch, Eltern zum Schutz vor Unfällen im Kindesalter zu beraten.

Ertrinkungsunfälle gehören immer noch zu den zweithäufigsten Unfällen mit Todesfolge im Kindesalter. Ganz wichtig ist daher die Regel, Babys und Kinder, die noch nicht sicher schwimmen können, an Strand oder Pool niemals aus den Augen zu lassen. Das gilt auch, wenn sie sich nicht direkt in Wassernähe befinden. 

«Nicht-aus-den-Augen-lassen» heisst, in unmittelbare «greifbarer» Nähe zu sein. Kinder ertrinken rasch und lautlos. Da können schon 3 Meter Entfernung zu viel sein. Beim Spiel in Wassernähe mit Kindern in der Sonnenhitze sollte aus diesem Grund auch Alkohol für die Eltern tabu sein.

Stellen Ihnen Eltern auch Fragen zur Reiseapotheke für Kinder? Was raten Sie da?

Fragen zur Reiseapotheke für die Ferien mit Kindern beantworte ich regelmässig. In die Reiseapotheke gehören für mich ein Fieberthermometer und dem Alter und Körpergewicht angepasste Fiebermittel wie Paracetamol (z.B. Dafalgan) und Ibuprofen (z.B. Algifor). Auch ein Kinder-Nasenspray ist zu empfehlen, gerade wenn eine Flugreise angetreten wird. Weiterhin hilfreich sind z.B. ein Pulver zum Zubereiten eines Elektrolyt-Getränks bei Erbrechen und Durchfall, ein Mittel gegen Reiseübelkeit, Pflaster, ein Desinfektionsspray (z.B. alkoholfreies Octenisept) und ein kleiner selbstklebender Verband. Bei kleinen Kindern sollte eine Wundsalbe für den wunden Po, z.B. Bepanthen nicht fehlen.

Für Kinder mit bekannten Erkrankungen, z.B. Allergien, empfehle ich die jeweils passenden Medikamente und Notfall-Medikamente. Auch rate ich Eltern generell, sich vor der Reise zu informieren, wo vor Ort ein Kinderarzt erreichbar wäre, sollte es zu einer Erkrankung kommen. Reiseanbieter können diese Frage meist gut beantworten.

Vielen Dank für das Gespräch und für die wertvollen Informationen, Frau Straub!

Sehr gern. Wir vom Kinderarzthaus wünschen unseren Patienten und deren Eltern wundervolle, erlebnisreiche Ferien und eine gesunde und glückliche Rückkehr.

Sollten die Eltern zur Reiseapotheke oder zu andern Themen rund ums Reisen Fragen haben, so berät Sie ihr Kinderarzt im Kinderarzthaus gern.

6. Juli 2022, Kinderarzthaus in Zürich Stadelhofen